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Galerie Klüser Künstler*innen Kunstwerke Ausstellungen
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Nach 47 Jahren Galeriearbeit und über 50 Jahren Engagement im Editionsbereich wird die Galerie Klüser am 1. Juli 2025 ihre Ausstellungstätigkeit beenden.
Die Gründe sind vielfältig – nur einige sollen benannt werden:
Der nahende 80. Geburtstag, die nachvollziehbare Entscheidung unserer Tochter Julia, als langjährige Mitgesellschafterin, die Galerie nicht weiterzuführen – wegen der ausufernden Kommerzialisierung des Kunstmarktes, der absurden Entwicklung bürokratischer Vorschriften und nicht zuletzt wegen des Standortnachteils der Münchener Insellage. So hat beispielhaft die Süddeutsche Zeitung (nachdem sie schon seit einigen Jahren Berichte über wichtige Galerieausstellungen vom Feuilleton in den Lokalteil verlagert hatte) ihre Kritiken über Galerieaktivitäten komplett eingestellt und die Außenwirkung der Galerien massiv beeinträchtigt.
Wir werden unsere Räume und Mitarbeitende in den nächsten Jahren für die Abwicklung der umfangreichen Bestände behalten, planen sporadische Aktionen, aber ohne den gewohnten Ausstellungsbetrieb.
Mein von Herzen kommender Dank gilt dem jahrelangen intensivem Einsatz meiner Tochter und meiner Frau Verena, dem Engagement unserer Mitarbeiter, dem Vertrauen unserer Künstler, vielen Museumsleuten, Sammlern und treuen Besuchern.
Im Februar 2025
Bernd Klüser und Julia Klüser
Bernd Klüser (*1945 in Wuppertal) ist Galerist, Editeur und Kunstsammler. 1968 Heirat mit Verena Klüser, geb. Mittelsten Scheid, zwei gemeinsame Kinder.
Anfänge
1968 Umzug nach München, dort Beendigung des Jurastudiums (1. und 2. Staatsexamen, Zulassung als Rechtsanwalt 1974). Seit 1969 projektbezogene Zusammenarbeit mit der Galerie Heiner Friedrich und erste Kontakte zu Künstlern wie Gerhard Richter, Blinky Palermo, Georg Baselitz, Sigmar Polke und Gilbert & George.
Beginn der Edition und Galerie Schellmann + Klüser. Ab 1970 editorische Zusammenarbeit mit dem Studienkollegen Jörg Schellmann. Schwerpunkt war von Beginn an die Herausgabe von Joseph Beuys Multiples (u.a. auch die Herausgabe des ersten Werkverzeichnisses der Edition des Künstlers 1971 – inzwischen acht Auflagen). Seit 1975 Firmierung als Edition Schellmann + Klüser in der Maximilianstraße 12 c (später auch in New York). 1976 realisierte Schellmann + Klüser die Ausstellung des Beuys Environments ‘zeige deine Wunde’. Der Erwerb des Werkes durch die Städtische Galerie im Lenbachhaus löste 1979 einen Kunstskandal im damals noch sehr konservativen München aus und erleichterte in der Folge den Münchner Museen eine progressive Auseinandersetzung mit der internationalen zeitgenössischen Kunst.
Die gemeinsame Edition bestand bis 1985 und verlegte schon früh Grafiken und Multiples international bedeutender Künstler. 1989 würdigte das Museum of Modern Art in New York das Editionsprogramm mit einer Sonderausstellung.
Galerie Klüser
1978 eröffnete Bernd Klüser ebenfalls in der Maximilianstraße 12 seine eigene Galerie (sie firmierte aus strategischen Gründen bis 1985 als Galerie Schellmann + Klüser). Das internationale Profil wurde einerseits bestimmt durch die kontinuierliche, enge Zusammenarbeit mit Joseph Beuys und ab 1980 durch Ausstellungsprojekte (inklusive Grafikeditionen) mit Andy Warhol, die bis zum Tod beider Künstler 1986 bzw. 1987 andauerte. Auf der anderen Seite stand die Präsentation – oft zum ersten Mal in Deutschland oder Europa – junger Künstler, wie Tony Cragg, der Amerikaner Robert Mangold, Cindy Sherman, Robert Longo, David Salle, Jack Goldstein, Matt Mullican und der italienischen Transavantguardia, beispielsweise Enzo Cucchi oder Mimmo Paladino. Francis Picabia, Jannis Kounellis, Ernst Wilhelm Nay, Asger Jorn und Gilbert & George wurden ebenfalls ausgestellt.
1985 trennten sich Schellmann + Klüser. Die Galerie Bernd Klüser bezog zwei Etagen in der repräsentativen Altbauvilla am Park der Münchner Kunstakademie. Sie erweiterte ihr Programm mit der deutschen Vertretung des Nachlasses von Robert Motherwell und Ausstellungen unter anderem von Alex Katz, Christian Boltanski, Jan Fabre, Julião Sarmento, Olaf Metzel, Blinky Palermo, James Brown, Jonathan Lasker, Ettore Sottsass, Stephan Balkenhol, Donald Baechler, Sean Scully und Anish Kapoor. Anspruchsvolle Gruppenausstellungen wie ‘Der gefrorene Leopard’ oder ‘Reflections on Light’ ergänzten das Programm.
2001 trat Tochter Julia Klüser in die Galerie ein und wurde kurze Zeit später Partnerin des Unternehmens. Im Zeitraum von 2002 bis 2022 konnte mit der Galerie Klüser 2 ein weiterer Standort im Münchner Museumsquartier eröffnet werden. So ergab sich die Flexibilität, größere Ausstellungen in beiden Galerien zu zeigen und mehr jüngere Künstler vorzustellen, beispielsweise Bernardí Roig, Jorinde Voigt, Isca Greenfield-Sanders, Natalia Zaluska, Lori Nix, Gregor Hildebrandt oder Constantin Luser.
Publikations- und Editionstätigkeit
Die eigene Editionstätigkeit wurde seit 1985 mit zahlreichen Gruppenportfolios, Suiten und Einzelblättern der Galeriekünstlern kontinuierlich fortgesetzt. Parallel zur Galerietätigkeit entstand eine große Anzahl von Publikationen in Zusammenarbeit mit den Künstlern, aber auch mit Ernst Jünger, Hans-Georg Gadamer und dem Nachlass von James Joyce. Zur Geschichte der Kunstausstellung erschien das Standardwerk ‘Die Kunst der Ausstellung’. Egänzend veröffentlichte Bernd Klüser zahlreiche Texte (oft für Museumskataloge) und schuf Filme über Ernst Wilhelm Nay, Joseph Beuys und die bedeutende Baseler Ausstellung ‘Skulptur im 20. Jahrhundert’.
Auszeichnungen und Positionen
1996 übernahm Bernd Klüser für sieben Semester eine Gastdozentur an der Akademie der Bildenden Künste in München.
Im Jahr 2014 wurde Bernd Klüser und seine Frau Verena, die viele Jahre in der Galerie mitgearbeitet hatte, das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 2016 folgte der FEAGA Lifetime Award durch den Europäischen Galeristenverband für beispielgebende und nachhaltige Kunstvermittlung.
Über Julia Klüser
Bernd Klüsers Tochter Julia stieg im April 2001 als Mitgeschäftsführerin in den Galeriebetrieb ein. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte in München, sammelte sie zahlreiche Erfahrungen im In- und Ausland, so bei Praktika in Paris (Galeries Magazine, Kunstmagazin), New York (Whitney Museum) oder London (Christies, Impressionist and 19th Century Department). Ab Februar 2000 arbeitete sie in London bei Anthony d’Offay als persönliche Assistentin des Senior Directors Robin Vousden, wo sie bis Februar 2001 blieb.
Im April desselben Jahres kehrte sie nach München zurück und wurde Mitgeschäftsführerin in der Galerie ihres Vaters. Kurz darauf realisierten beide die Eröffnung des zweiten Standorts, der Galerie Klüser 2 in der Türkenstrasse. Hier sollten vor allem junge Positionen Räumlichkeiten bekommen, die mit ihrer Schaufensterfront und einer geringeren Größe ideale Voraussetzungen boten.
Künstler wie Jorinde Voigt, Gregor Hildebrandt, Isca Greenfield-Sanders oder Conrad Shawcross wurden dort schon früh in ihrer Karriere gezeigt.
Für einige dieser Künstler kuratierte sie in den Folgejahren auch deren erste große Museumsausstellungen, so 2006 Isca und Timothy Greenfield-Sanders (Museum Morsbroich, Leverkusen, als Co-Kuratorin) oder 2011 Jorinde Voigt – Nexus (Von der Heydt-Museum, Wuppertal; auch als Herausgeberin des Katalogs).
Seit 2012 ist Julia als Gesellschafterin an der Galerie beteiligt. Es folgten weitere Ausstellungen, wie z.B. 2013 als Co-Kuratorin von Tony Cragg – Escultures (La Llotja, Palma de Mallorca, in Zusammenarbeit mit der Regierung der Balearen).
Im Jahr 2017 eröffnete Julia im Anschluss an die Heilpraktikerausbildung eine Naturheilpraxis, die heute ihren beruflichen Schwerpunkt bildet.
Basel, 15. Juni 2016
„Die Kunst hatte durch Überanpassung in den spekulativ bestimmten 1980er Jahren auf weite Strecken ihr geistiges Selbstverständnis verloren und damit auch ihren Anspruch, glaubwürdig an der dringend notwendigen Neuformulierung ethischer Zukunftsvorstellungen mitzuwirken. Mit dem Tod von Joseph Beuys im Januar 1986 fiel die letzte, international geachtete Bastion eines transzendentalen künstlerischen Bewusstseins: radikal auf das Wesentliche von Kunst und Leben gerichtet, mit der Fähigkeit, spirituelle Erkenntnis in eine adäquate, zeitlos gültige Form zu transformieren.“
Die Äußerung Bernd Klüsers entnehme ich einer seiner Publikation (1993), um einen wie mir scheint wichtigen Aspekt seiner Tätigkeit und seines kontinuierlichen Engagements deutlich zu machen. Mit dem Hinweis auf die 1980er-Jahre wird eine von Klüser als einschneidend empfundene Zäsur benannt, die wir mit dem Begriff der Postmoderne charakterisieren können. Alles und jedes erschien damals gleichzeitig möglich, alle stilistischen und gattungsspezifischen Traditionen und Verbindlichkeiten hatten sich weitgehend aufgelöst. „Anything goes“ war eines der Stichworte der Zeit.
Die utopischen Vorstellungen der klassischen Avantgarde, die in den 1960er-Jahren bei ZERO, aber auch bei Fluxus und nicht zuletzt bei Beuys ein gewisses Nachleben hatten, schienen restlos verblasst, teilweise sogar obsolet. Und man darf nicht vergessen, dass die Äußerung Bernd Klüsers in die Zeit einer Baisse fällt: Zwirner, von Wentzel, Schmela führen ihre Galerien nicht weiter, Fischer schließt die Depandance in der Mutter Ey-Straße, der Boom der 1980er Jahre war vorbei und der Markt beruhigte sich vorübergehend.
Beuys war und ist nicht nur der wichtigste Künstler der Galerie, sondern das, was Beuys vermittelte, hat in gewisser Weise auch die Vorstellungswelt von Bernd und Verena Klüser mitbestimmt. Und wenn ich an dieser Stelle Verena Klüser nenne, dann deshalb, weil sie bis 2000 in die ästhetische und inhaltliche Ausrichtung der Galerie, in Organisation und die Abläufe sowie geschäftliche Belange eingebunden war. Das gilt ab 2001 in gleicher Weise für die Tochter Julia, die später Partnerin der Galerie wurde. Anzumerken bleibt, dass zur Galerie in der Georgenstraße Ausstellungsräume in der Türkenstrasse, d.h. im Museumsviertel Münchens, hinzukamen.
Der Tod von Beuys, aber wenig später auch der von Andy Warhol bedeuteten einen tiefen Einschnitt. Beide Künstler spielten und spielen in der Geschichte der Galerie eine große Rolle, wenn auch mit sehr unterschiedlicher Konsequenz und kaum zu vergleichender Resonanz. Von heute aus betrachtet kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass die Einzel- und Themenausstellungen bzw. die Förderung sehr vieler anderer Künstlerinnen und Künstler der Galerie Klüser durchaus von Überlegungen bestimmt wurden, die das rein Ästhetische transzendieren und immer auch mit einem ethischen bzw. moralischen Anliegen verknüpft waren, mochten diese auch nur indirekt in Erscheinung treten oder sogar weitgehend verborgen sein.
Bernd Klüser, von Hause aus Jurist mit beiden Staatsexamen und der Zulassung als Rechtsanwalt, hat kurze Zeit projektbezogen mit der Galerie Heiner Friedrich kooperiert und sich dann 1970 mit Jörg Schellmann zusammengetan.
Eine Ausbildung zum Galeristen oder Kunsthändler gibt es nicht bzw. hat es früher nicht gegeben. Leidenschaft für die Kunst, ist das wesentliche Charakteristikum für diese menschliche Spezies. Begeisterung ist wesentlich, nur darf der Galerist dieser Faszination nicht erliegen, er muss lernen zu kaufen, um zu verkaufen. Sein Element ist der Tausch, die merkantile Rotation anstelle des Hortens. Und von größter Wichtigkeit sind die eigene Überzeugung und der Glaube an den Wert und die Bedeutung eines jeweiligen Kunstangebots, sonst wäre es dem Galeristen kaum möglich, diesen Wert einem Kunden nahezubringen. Er braucht Qualitätsgefühl, um überzeugend zu wirken. Auch wenn sich in seiner Person derart gegensätzliche Fähigkeiten verknüpfen, der Galerist bewegt sich auf schwankendem Terrain, denn er hat es ständig mit den Unsicherheiten einer Kunst zu tun, die es ja spätestens seit der Neuzeit darauf anlegt, immer wieder das Gewohnte und Etablierte zu konterkarieren und in gleichsam revolutionären Akten neue Wahrnehmungscodes durchzusetzen. Kunst hat innovativ und originell zu sein. Das kann alle Strategien und Überlegungen des Galeristen untergraben oder durchkreuzen. Was heute aktuell ist, mag morgen obsolet sein. Es ist in jedem Fall auch eine riskante Gratwanderung, die finanzielle Konsequenzen zeitigt. So lässt sich also sagen: „Das Glück des Händlers erwächst aus seiner Fähigkeit, seine Leidenschaft in (ideelle und materielle) Freude umzumünzen.“ Vgl. Hans-Peter Thurn, Der Kunsthändler, München1993, S. 241.
1970 beginnt die Zusammenarbeit mit Jörg Schellmann. Als erstes Projekt erscheint 1971 das Oeuvre-Verzeichnis der Multiples von Beuys. Von Schellmann mehrfach überarbeitet und ergänzt, ist daraus – die 8. Auflage liegt vor – ein unentbehrliches Standardwerk geworden. Aus der Edition Schellmann & Klüser in München, Maximilianstrasse 12, und später in New York wurde dann 1978 im selben Haus die Galerie Schellmann & Klüser.
1985 kam es zur Trennung und Galerie/ Edition Bernd Klüser zogen in neue Räume in Schwabing, Georgenstrasse 15.
Es ist vor allem Bernd Klüsers Verdienst, dass Beuys in den öffentlichen Sammlungen Münchens, aber eben auch in London, New York und Hamburg, so prominent vertreten ist.
„zeige deine Wunde“ in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, zeitigte 1979 /80 bei der Erwerbung von der Galerie Schellmann & Klüser eine heftige kommunale Auseinandersetzung, einen politischen Streit, der großes internationales Echo auslöste. Die begleitende Publikation mit den Fotos von Ute Klophaus und die Dokumentation der Medienreaktion sind für die Rezeptionsgeschichte von besonderem Gewicht.
Kurz darauf, die kämpferische Auseinandersetzung verebbte mehr und mehr, erwarben die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen „Das Ende des 20. Jahrhunderts“ ohne größere Probleme. Hinzu kamen von Bernd Klüser später dann verschiedene, sehr wichtige Skulpturen und 280 Mulptiples, von den vielen Dauerleihgaben gar nicht zu reden.
„Das Ende des 20. Jahrhunderts“, Fassung 2, befindet sich in Tate Modern, London, außerdem verschiedene Vitrinen.
„Terremoto“ gelangte ins Guggenheim Museum, New York.
Verschiedene Vitrinen befinden sich im Kunstmuseum Basel.
Zwei Tage nach Warhols Tod eröffnete Bernd Klüser dessen letzte Porträt-Serie, Lenin darstellend, ein Vorhaben, das er selbst dem Künstler nahegelegt hatte.
Um bei Warhol zu bleiben: Gezeigt wurden u.a. die Beuys-Porträts von Warhol (1980), 1982 erschien das Graphikportfolio mit den Goethe-Bildnissen, 1984 entsprechend Details aus Renaissance-Paintings.
Selbstverständlich gibt es neben Warhol und Beuys viele andere wichtige Künstlerinnen und Künstler, die das Profil der Galerie durch Ausstellungen und begleitende Veröffentlichungen geprägt haben. Bei einer fast 40jährigen Aktivität kommen viele Namen zusammen, die ich hier nicht alle erwähnen kann. Ich konzentriere mich auf jene, deren Werke mehrfach gezeigt wurden, und diese Reihe ist stattlich genug und spricht für sich selbst. :
Donald Baechler, Christian Boltanski, James Brown, Tony Cragg, Enzo Cuchi, Jan Fabre, Isca u. Timothy Greenfield-Sanders, Alex Katz, Jannis Kounellis, Gerhard Merz, Olaf Metzel, Robert Motherwell, E.W. Nay, Mimmo Paladino, Bernardi Roig, Juliao Sarmento, Sean Scully, Jorinde Voigt. Und fast alle wurden von Publikationen begleitet, bibliophil ausgestatteten Büchern, festgebunden, oft von den Künstlern gestaltet, von kompetenten Autoren geschrieben. Das kann ich hier nur summarisch erwähnen.
Auffällig ist, dass im Programm der Galerie Minimal und Concept Art keine Rolle spielen, dass Medienkunst und Fotografie zwar vor allem in den letzten Jahren berücksichtigt werden, aber bislang kein entscheidendes Gewicht bekommen haben (und das, obwohl Klüser einige Filme gemacht hat, die Aktion „Celtic+ – “ von Beuys, einen Film über Ernst Wilhelm Nay, und einen weiteren über die Ausstellung „Skulptur im 20. Jahrhundert“, in Basel 1984.) Auch Installationen (außer denen von Beuys und Kounellis oder Olaf Metzel) sind eher selten gezeigt worden. Dass Figürliches bzw. Gegenständliches durchaus Gewicht haben, dass dem Material und seiner Verarbeitung besondere Aufmerksamkeit gilt, dass Malerei, Skulpturen, Objekte, Collagen, Arbeiten auf Papier besonders geschätzt sind – das fällt durchaus auf.
Der Blick geht nach vor allem nach Amerika und Deutschland, und darüber hinaus nach Italien, Großbritannien, Frankreich, Belgien und die iberische Halbinsel. Alles in allem haben wir es mit einem klar konturierten und in sich folgerichtigen Programm zu tun, das über einen langen Zeitraum mit großer Konsequenz realisiert wurde. Angesichts der schnell wechselnden Haltungen und Moden ist das durchaus hervorzuheben.
Heutzutage, in einer durchgängig technokratisch definierten Lebenswelt, die von instrumenteller Vernunft durchdrungen ist, versucht die Kunst immer wieder, den Entsinnlichungstendenzen Einhalt zu gebieten und dabei in unserer Kultur und Gesellschaft eine ästhetisch aufklärende Position zu behaupten. Das Bild, die Skulptur, das Objekt muss und kann der Künstler nur selbst finden. Die effektive Präsentation zu lernen, um die notwendigen Anschlussmöglichkeiten für das jeweilige Werk zu sondieren, liegt jedoch nicht jedem Künstler. Und hier, das heißt im Bereich der Verfolgung von Berufsstrategien in einem pragmatischen Sekundärbereich, nimmt der Galerist eine wichtige, vielfach entscheidende, oft unentbehrliche Mittlerposition ein. Das Zeigen, d.h. Ausstellungen und vielfältige Vermittlungsstrategien, sie sind Mittel, das symbolische Kapital zu sichern, das Kunstwerke für ihren Urheber und für dessen Publikum darstellen.
Ausstellungen sind daher wichtig, sowohl in der eigenen Galerie als auch in Kooperation mit anderen Institutionen. Ich erinnere hier exemplarisch nur an die anläßlich des 65. Geburtstags von Joseph Beuys geplante und dann nach seinem Tod in memoriam realisierte Ausstellung „Beuys zu Ehren“ in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus. Sie fand im Sommer 1986 mit der Beteiligung von über 70 internationalen Künstlern statt, deren Arbeiten einen großen Block von Beuys-Werken ergänzten.
Bernd Klüser zeichnet sich freilich auch dadurch aus, dass er eine ganze Reihe von bestechenden Publikationen realisiert hat, in aller Regel zurückhaltend und vornehm gestaltet, manchmal auch bibliophil ausgestattet.
1991 erschien im Insel-Verlag das Buch „Die Kunst der Ausstellung“. Eine Dokumentation 30 exemplarischer Kunstausstellungen dieses Jahrhunderts, hrsg. von Bernd Klüser und Katharina Hegewisch.
Das Spektrum reicht von Mir Iskusstva, Petersburg 1899, über die Wiener Secession von 1902, die Armory Show 1913 in New York, den Spanischen Pavillon auf der Weltausstellung in Paris 1937, This is Tomorrow, London 1956, When Attitudes become Form, Bern 1969, bis zu Chambres d’Amis, Gent 1986.
„Stationen der Moderne“, war wenige Jahre zuvor von der Berlinischen Galerie realisiert worden, beschränkte sich aber auf wichtige Ausstellungen in Deutschland.
Ein Jahr später folgte „Der gefrorene Leopard“. Ausgangspunkt war eine Ende September 1989 erschienene Veröffentlichung eines 1926 entstandenen Fotos im Magazin der Wochenzeitung „Die Zeit“. Das Bild zeigt in hockender Stellung einen offenbar erfrorenen Leoparden unter dem Gipfel des Kilimandscharo, d.h. in ca. 6000 Metern Höhe. Berühmt geworden ist es durch Hemingways 1936 entstandene Kurzgeschichte „Schnee auf dem Kilimandscharo“. Wie aber kam das Savannentier in die Eiseskälte? Man weiß es nicht. Hatte es sich verirrt? Warum sollte das der Fall sein? Es ist immer ein Rätsel geblieben, aber ein die Phantasie beflügelndes Rätsel. Verschiedene Künstler haben sich an dem Projekt beteiligt und Arbeiten beigesteuert und es ist eine Portfolio entstanden mit 19 Darstellungen, die sich mal mehr, mal weniger mit dem Sujet befassen.
Am 13. Juni 1993 wurde Ernst Jünger der „Gran Premio Punti Cardinali dell’Arte“ der 45. Biennale von Venedig überreicht. Klüsers Kommentar dazu: „In einer Zeit zunehmender Wertezersplitterung und geistiger Orientierungslosigkeit wurde damit der signifikante Versuch unternommen, die bildende Kunst aus ihrer selbst gewählten Isolierung herauszuführen und wieder in ein kulturelles Gesamtumfeld einzubinden.“ Auf seine Anregung hin schrieb Jünger seinen Essay „Prognosen“, der im Biennale Katalog von Achille Bonito Oliva abgedruckt wurde. Die drei Unterabschnitte – Gestaltwandel, Exposition, Welt- und Erdrevolution – entwerfen insgesamt ein düsteres Panorama einer Zivilisation, in dem viel von Göttern und Titanen und dem entfesselten Prometheus in der Gestalt des Arbeiters ebenso die Rede ist wie von ewiger Wiederkehr. Insgesamt ein zutiefst kulturpessimistischer Text, dessen schwebende Metaphorik die ihr zugrunde liegende Haltung camouflierte.
Bernd Klüser hatte mit seiner Initiative und seinem Vorschlag den richtigen Moment getroffen. Die Transavanguardia war noch en vogue und Jüngers Ausführungen schienen ja durchaus jenes geistige Milieu zu umschreiben, aus dem die Künstler schöpften.
Und es sind unruhige Zeiten: der Zusammenbruch des Sozialismus, Krieg am Golf, Bürgerkrieg in Jugoslawien, Auflösung der Sowjetunion, Asylpolitik und Erstarken des Rechtsradikalismus in vielen europäischen Ländern usw. Fukuyama ruft das „Ende der Geschichte“ aus, meint allerdings nicht, dass es nun keine Geschichte mehr geben würde, sondern er bringt seine Überzeugung zum Ausdruck, dass nur das kapitalistische, liberale und demokratisch verfasste Gesellschaftssystem als einziges überleben werde. Ein Irrtum, wie man heute sieht.
Zwei weitere Texte, nun allerdings mit einer fachbezogenen Ebene und auf einem gedanklich hohen Niveau bildeten nach dem Vorwort von Bernd Klüser, dem Herausgeber, den Auftakt zu einem weiteren Buch, das 1996 erschien. Es sind zwei wunderbar luzide Essays von Hans-Georg Gadamer: „Vom Wort zum Begriff. Die Aufgabe der Hermeneutik als Philosophie“ und „Die griechische Philosophie und das moderne Denken“. Der erste Text war die Danksagung anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Bamberg an Gadamer, dessen grundlegendes Werk „Wahrheit und Methode“ 1960 erschienen war. Walther Zimmerlis Laudatio, Hans Beltings Essay „Bildkultur und Textkultur“ ergänzen und erweitern Gadamers Überlegungen. Von besonderer Bedeutung ist freilich Gottfried Boehms überaus anregender Beitrag „Zuwachs an Sein. Hermeneutische Reflexion und bildende Kunst“. Der Essay darf als einer der Schlüsseltexte der Bildhermeneutik betrachtet werden. Der große Einfluss französischer Theorie (Barthes, Foucault, Lacan, Derrida u.a.) hatten ja dazu geführt, dass eine hermetische Begrifflichkeit die ästhetischen Debatten beherrschte, so dass alle sinnlichen Aspekte der Kunst in den Hintergrund gedrängt wurden. Boehms Ausführungen definieren eine stringente Gegenposition. (Martin Jays wichtiges Buch „Downcast Eyes. The Denigration of Vision in Twentieth-Century French Thought“ (1993) hat den Einfluss des französischen Denkens in den USA und Europa eindrücklich herausgestellt.)
Auf verschiedene, sehr schöne gemachten Künstlerbüchern (unter ihnen Sean Scully, „The Beauty of the Real“ (1995), und Mimmo Paladino, „Ulysses“ (1995), mit den ihnen verbundenen Graphikeditionen will ich hier nur verweisen. In diesen und anderen Publikationen (z. B. Robert Motherwell, „A Dialogue with Literature“ (2001)) hat Bernd Klüser längere, substantielle Beiträge geschrieben, die zu lesen in jedem Fall sehr lohnend ist.
Die Ausstellungsaktivitäten wurden natürlich durch die Herausgabe von Graphikeditionen, Katalogen und Büchern keineswegs beeinträchtigt. Immerhin entstanden Portfolios und Einzelblätter von über 100 internationalen Künstlern. Die Vielzahl der Projekte kann hier auch nicht annähernd aufgeführt werden.
Nur ein aus den Beständen der Galerie und aus der eigenen Sammlung bestücktes Projekt soll hier exemplarisch erwähnt werden. „Reflections on Light“ wurde im Herbst 2008 in der Galerie gezeigt. Der einleitende Text Klüsers bildet gleichsam den Rahmen für ein wunderbares Material von Bildern und Objekten, das durch die klare Strukturierung der Installation überzeugend zur Geltung kam.
Es ließe sich noch viel mehr über Bernds, Verenas und Julias Engagement sagen. Das kann in diesem Rahmen leider nicht geschehen.
Ein Aspekt darf freilich nicht unterschlagen werden, und das ist die im Laufe viele Jahre zusammengetragene Sammlung. Inzwischen auf etliche Hundert Blatt angewachsen und mehrere Jahrhunderte vergegenwärtigend, konnte in der letzten fünf Jahren an verschiedenen Orten jeweils eine Auswahl mit unterschiedlicher Akzentuierung gezeigt werden.
„Zettels Traum – die Zeichnungssammlung Bernd und Verena Klüser“, Von der Heydt-Museum, Wuppertal 2011.
„R/Evolution auf Papier. Zeichnungen aus fünf Jahrhunderten“, Alte Pinakothek, München 2012/13.
„Joseph Beuys. Zeichnungen 1945-1986. Die Sammlung Klüser“, Pinakothek der Moderne, München 2012/13.
„Zurück in die Zukunft. Zeichnungen von Tiepolo bis Warhol“, Kunsthalle Krems 2014.
Dass Galeristen und Kunsthändler auch eigenen Sammlungen aufgebaut haben, ist immer wieder zu beobachten. Jean Krugier, Ernst Beyeler, Anthony d’Offay, Yvon Lambert, Ileana Sonnabend, Michael Werner, Rolf Ricke, Heinz Berggruen, Christian Stein, Otto Stangl und etliche andere. Die Sammlung Klüser findet sich so gesehen, in erlauchter Gesellschaft.
Ich komme zum Schluss.
Bernd Klüser repräsentiert, und das zeigen seine vielen bemerkenswerten Ausstellungen und substantiellen Publikationen, den intellektuellen Agenten, der vermitteln möchte, der sich auf die Werke, die Intentionen, die Probleme der Künstler einlässt, der historisch interessiert ist und die Arbeiten, die ihm wichtig sind, auch geistig durchdringt und in einem übergreifenden Kontext verortet. Das ist eine Art Öffentlichkeitsarbeit, wie sie in früheren Zeiten Cassirer, Flechtheim und Walden betrieben haben und wie sie von Lelong, Pace, Goodman, d’Offay, Michael Werner und anderen bis in die Gegenwart fortgesetzt wird.
Bernd Klüsers Ambitionen zielen selbstverständlich auch auf den Markt, aber fast noch intensiver auf die Kultur. Seine Kooperationen mit privaten Sammlern, mit vielen Museen und anderen öffentlichen Institutionen legen davon beredt Zeugnis ab. Dass hier die staatlichen und kommunalen Einrichtungen in München eine besondere Rolle spielen, liegt auf der Hand, wobei hier auch an Rita McBrides große Skulptur „Mae West“ zu denken ist.
Aber er war und ist natürlich auch der Praktiker im direkten und meist auch freundschaftlichen Umgang mit den Künstlern, mit den Werken, mit den Sammlern und Museen. Ein merkantil effizienter Promoter von unverkäuflichster Kunst ist er freilich nie gewesen.
Wurde früher Kunstwerken ein allgemeingültiger Objektivationsrang zugesprochen, so durchlaufen sie heute eine intersubjektive Klärung ihres Kommunikationswertes. An dieser Debatte hat sich heute jeder Galerist zu beteiligen, denn auf dem Markt geht es ständig um Anschlussfähigkeit. Selbst bei vehementestem Konventionsbruch kommt für jedes Werk der Moment, in dem es in eine Ahnengalerie gerückt wird und sich dann dem Anspruch gemäß neben den Größen der Kunstgeschichte behaupten muss. Bernd Klüser ist das nur zu geläufig, und ich habe den Eindruck, dass auch der Aufbau einer eigenen, historisch ausgreifenden Sammlung, diesem Gedanken bzw. dieser Herausforderung Rechnung trägt.
Blickt man auf seine knapp 40jährige Tätigkeit zurück, dann ist die Bilanz einzigartig und sehr beeindruckend, sie war und ist innovativ und richtungweisend, und sie hat sich in vielfacher Hinsicht als außerordentlich fruchtbar und effizient erwiesen. Umsicht und Weitsicht, Neugier und Fantasie, Spürsinn und Engagement, Ideen und Risikobereitschaft, Kontinuität und hohe Qualität zeichnen seine Arbeit aus. Das definiert seinen besonderen Rang und seine große Bedeutung. Nicht auf das große Medienecho ist es ihm angekommen, sondern vor allem auf die Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit als Galerist, als Förderer der Künstlerinnen und Künstler und als Vermittler ihrer Werke an eine möglichst breite, wenn auch jeweils unterschiedliche aufgeschlossene Öffentlichkeit. Das Innovative aufzuspüren und ihm eine fruchtbare Rezeption zu ermöglichen, darum ist es primär gegangen und natürlich auch darum, die eigene Begeisterung mit anderen zu teilen, manchmal eher wenigen oder sogar vereinzelten, oft aber mit vielen oder auch sehr vielen. Das alles verdankt sich der engagierten Tätigkeit von Bernd Klüser, dann aber natürlich auch von Verena und Julia Klüser und nicht zuletzt dem Team der Galerie. Dass hier die Künstlerinnen und Künstler entscheidend beigetragen haben, versteht sich ohnehin von selbst.
Das alles, was hier angeführt oder erwähnt wurde, ist natürlich kein Nachruf, sondern die Arbeit geht weiter, und eine vielversprechende Ausstellung mit dem Titel „Just Black and White“ mit 20 Künstlerinnen und Künstler wird in der kommenden Woche in München eröffnet.
Mit der Verleihung des Feaga Lifetime Award 2016 wird ein Lebenswerk ausgezeichnet, ein Lebenswerk freilich, dem sicherlich noch vieles hinzugefügt werden wird.
Dafür von meiner Seite ganz herzliche Glückwünsche, alles Gute für die Zukunft, gutes Gelingen und viel Erfolg!
Armin Zweite
© Prof. Dr. Armin Zweite, München anläßlich des