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Im Vorfeld der Münchner Ausstellungskooperative VARIOUS OTHERS baten wir die renommierte Fotogalerie KICKEN BERLIN zu einer gemeinsamen thematischen Ausstellung in unseren beiden Galerien. Kicken sagte spontan zu und offerierte eine großartige Auswahl von frühen und zeitgenössischen Fotografien zum vorgeschlagenen Thema ‚Il Mondo Botanico’. Sie korrespondieren individuell abgestimmt mit Arbeiten der Galerie und Zeichnungsleihgaben aus unserer privaten Sammlung. So können wir ein breites Spektrum auf hohem Niveau präsentieren, das in vergleichbarer Konstellation wohl nur selten gezeigt wurde.
Der Fotobereich umfasst u.a. Einzelabzüge und Werkserien von Heinrich Kühn, Josef Sudek, Albert Renger-Patzsch, László Moholo-Nagy, Karl Blossfeldt, Picasso/Villers, Peter Keetman und Ernst Fuhrmann. Aus unserer Galerie kommen zwei Grafikportfolios von Cy Twombly und Bilder von Alex Katz, Donald Baechler und Olaf Metzel. Die ergänzenden Leihgaben sind neben zwei Scherenschnitten von Philipp Otto Runge Zeichnungen, Aquarelle oder Collagen von Paul Cézanne, Paul Klee, Alberto Giacometti, Fernand Léger, Henri Matisse, Pablo Picasso, Joseph Beuys, Andy Warhol und James Brown. Wir danken Annette Kicken und Ina Schmidt-Runke für ihr Engagement und die Möglichkeit, den außergewöhnlichen visuellen Dialog in dieser Ausstellung realisieren zu können.
Die Ausstellung möchte ich meiner Frau Verena widmen. Bernd Klüser
München, im September 2018
Über die Ausstellung
Das Ausstellungsprojekt berührt ein zentrales kunstgeschichtliches aber auch aktuell politisches Thema: das Verhältnis zwischen Mensch-Natur-Kunst.
Es war Joseph Beuys, der in einem Gespräch mit dem Verfasser lapidar feststellte, dass sich bis vor einigen Jahrzehnten der Mensch vor der Natur schützen musste und jetzt die Natur vor den Menschen geschützt werden muss. Viele ignorante Politiker haben diese offensichtliche Erkenntnis gar nicht oder erst sehr spät wahrgenommen und den Vorrang wirtschaftlicher Interessen weiterhin zugelassen. Jetzt schlägt die Natur mit Klimawandel und zunehmend naturbedingten Katastrophen zurück.
Als Künstler hatte Beuys immer wieder versucht, das Bewusstsein für die Werte der Natur zu schärfen. So wurde beispielhaft das Projekt der 7000 Eichen (documenta 7, 1982) in diesem Kontext zu einem Meilenstein der neueren Kunstgeschichte.
Im Rückblick auf die europäische Bildgeschichte seit dem Mittelalter dauerte es lange, bis der Natur und ihrer Darstellung ein höherer Rang zugeordnet wurde. In den Bildern der Renaissance dienten Landschaften vorrangig als Hintergrundfolie für Portraits und religiöse Darstelllungen, oft auch als notwendige Staffage für Jagdszenen. Landschaftszeichnungen entstanden primär zu Studienzwecken oder – unabhängig von jedem Auftraggeber – aus persönlichem Interesse. Sie galten im damaligen Kunstmarkt als zweitrangig. In der Barockmalerei spielten Stillleben als technisch brillante Vorzeigestücke eine größere Rolle. Die französische Bezeichnung ‚nature morte’ spiegelt die Intention präziser wider.
Im 17. Jahrhundert veränderten sich die Parameter durch die landschaftsbetonten Bilder von Nicolas Poussin und vor allem von Claude Lorrain. Sein Einfluss wurde nicht zuletzt in der Gestaltung der englischen Landschaftsparks sichtbar, die ihre streng formalen französischen und italienischen Vorläufer ablösten und künstlich angelegte Ideallandschaften von großer Schönheit zum neuen Maßstab machten.
Rund 100 Jahre später erlebte die Landschaftsdarstellung (oder auch die einzelner Bäume und Pflanzen) einen nie gekannten Höhepunkt im Klassizismus und der nachfolgenden Romantik. Parallel dazu erfuhr die Wissenschaft einen enormen Aufschwung auch im Bereich der Botanik durch Carl von Linné, der mit der ‚Systema Naturae’ die Basis für eine biologische Systematik publizierte. Die Aufklärung und die damit verbundene Säkularisierung erlaubten nun einen neuen Blick auf die Natur.
In Deutschland setzten Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge, Gustav Carus und Carl Blechen die Maßstäbe, in England William Turner und John Constable. Beim französischen Nachbarn bildete sich die Gruppe von Barbizon mit u.a. Camille Corot, Charles Daubigny, Jean-François Millet, Thédore Rousseau und Gustave Courbet.
Eine bedeutende Erfindung erblickte im zeitlichen Kontext zu den Barbizon Malern im wahrsten Sinne des Wortes das Licht der Welt: die Fotografie. Seit den frühen 1850er Jahren erfassten Fotografen wie Gustave Le Gray und Henri Le Secq mit dem Blick ihrer Malerfreunde ihre Eindrücke im Wald von Fontainebleau mit den Möglichkeiten der neuen Technik.
Hier endet der zwangsläufig kursorische Rückblick auf die Vorgeschichte unserer Ausstellung. Sie konzentriert sich auf vergleichbare Sichtweisen, die botanische Welt in den letzten 100 Jahren mit den bildnerischen Mitteln von Malerei, Zeichnung und Fotografie zu erfassen. Wenn sie dazu beiträgt, die Wertschätzung der Natur und ihre Schönheit durch die Werke bedeutender Künstler wahrzunehmen, wäre das ideelle Ziel des Ausstellungsprojekts erreicht.